Forschungsvorhaben im Rahmen der Nachwuchsförderung des deutschen Klimaforschungsprogramms DEKLIM
 

 

 

Klimaübergänge:
Ursachen und Rückkopplungsmechanismen für
eiszeitliche und rezente Klimaschwankungen

Ziel der Forschergruppe ist die Identifikation und Analyse von Ursachen und Mechanismen, die Klimaübergängen zugrunde liegen. Hierzu wird ein Erdsystemmodell mittlerer Komplexität verwendet, das die Klimadynamik auf geologischen Zeitskalen abbildet und somit einen Zugang zur Interpretation von Klimadaten liefert. Angesichts der Unsicherheit der künftigen Klimaentwicklung ist die Paläoklimatologie eine ausgezeichnete Möglichkeit, Mechanismen für abrupte Klimaänderungen zu analysieren und den menschlichen Einfluß auf das Klima abzuschätzen. Die durchzuführenden Simulationen einzelner Abschnitte der letzten Glazial-Interglazial Zyklen und des nächsten Jahrtausends liefern dabei ein Verständnis der beteiligten Rückkopplungen, Schwellen und Resonanzen im Klimasystem. Insbesondere wird die Rolle der Tiefenzirkulation des Ozeans, des Wasserkreislaufs, der Vegetation und die Muster der atmosphärischen Variabilität ausgearbeitet.

Die Simulation von Übergängen geht wesentlich über bisherige Modellierungsaktivitäten von Zeitscheibenexperimenten hinaus, in denen wegen der fehlenden Zeitdimension auf einen Großteil der verfügbaren Daten verzichtet werden muß.

 

 

  • Stand der Forschung
  • Der Wechsel zwischen Kaltzeiten mit ausgedehnten Vereisungen (Glaziale) und Warmzeiten mit Gletscherrückgang (Interglaziale) ist kennzeichnend für die geologische Epoche des Quatärs, das die letzten 2 Millionen Jahre umfaßt. Die Warmzeiten ähneln in Klima und Vegetation der Gegenwart. Während der letzen Eiszeit vor 20.000 Jahren war die Temperatur in Europa ca. 10-20 Grad niedriger als heute (CLIMAP, 1976). Dieses kann aus Proxydaten (indirekten Daten) erschlossen werden.

    Die Glazial-Interglazial-Schwankungen werden in Verbindung gebracht mit der Veränderung der Sonneneinstrahlung, Veränderungen in Treibhausgaskonzentrationen (wie z.B. Kohlendioxid), sowie internen Wechselwirkungen im Klimasystem. Obwohl es keine allgemein anerkannte Theorie für das Auftreten von Eiszeiten gibt, gilt die Hypothese von Milankovitch (1941), daß Schwankungen der Erdbahn für Glazial-Interglazial Zyklen verantwortlich sind, als die am besten von Daten gestützte (Hays et al., 1976).

    Die wesentliche Idee dieser Theorie ist, daß Variationen in der Sommereinstrahlung in hohen Breiten der Nordhemisphäre den Auf- und Abbau der großen kontinentalen Eisschilde bestimmen (z.B. Imbrie and Imbrie, 1980; Short et al., 1991). Neuere Arbeiten weisen jedoch auf Schwierigkeiten und Inkonsistenzen dieser Theorie hin. Das Klimasignal läßt sich nicht immer dem nordhemisphärischen Antrieb zuordnen (Brickman et al., 1999; Valdes and Glover, 1999). So zeigen radiometrische Datierungen des Meeresspiegels, daß die vorletzte Deglaziation in Phase mit dem Einstrahlungsmaximum auf der Südhemisphäre ist (Henderson and Slowey, 2000) und deuten auf die führende Rolle von Mechanismen auf der Südhemisphäre hin. Weiterhin zeigen paläozeanographische Proxydaten, daß sich der südliche Ozean vor der Nordhemisphäre erwärmt hat (Imbrie et al., 1992; 1993).

    Die für die Klimaumschwünge verantwortlichen Auslöser und Mechanismen sind weitgehend unverstanden. Gut dokumentierte Übergänge fanden am Ende der letzten Eiszeit statt (Lehman and Keigwin, 1992; Sarnthein et al., 1994). Paläoklimatische Befunde zeigen, daß die Deglaziation in Form von Schmelzwasser während des Bøllings (ca. 14.000 Jahre vor heute) stattgefunden hat (Abbildung). Im Gegensatz zu den Modellresultaten (z.B. Manabe and Stouffer, 1997), die eine deutliche Abkühlung nach dem Schmelzwassereintrag zeigen, war das Bølling eine ausgesprochen warme Zeit (Berger and Jansen, 1995).

    Interessant ist, daß die Terminationen einen Zwei-Stufen Charakter aufweisen, d.h. die Erwärmung wird durch eine Kaltphase (Jüngere Dryas = Jüngere Tundrenzeit) unterbrochen (Berger et al., 1985; Alley and Clark, 1999). Jüngere Dryas-ähnliche Ereignisse finden sich auch nach dem Ende der vorletzten Vereisung (McCulloch et al., 1999; Lotoskaya and Ganssen, 1999) und noch früheren Deglaziationen (Eglington et al., 1992). Die Ursache dieser Ereignisse wird zur Zeit noch diskutiert (Berger and Jansen, 1995; Alley and Clark, 1999).

    Bisherige Studien beschränken sich wegen des sehr hohen Rechenzeitaufwandes weitgehend auf die Rekonstruktion von Zeitscheiben, in denen noch Randbedingungen festlegt werden müssen (z. B. CLIMAP, 1976). Neuere Ansätze beruhen auf gekoppelten Modellen reduzierter Komplexität, um einen Teil der Randbedingungen (wie z.B. die Oberflächentemperatur) nicht vorschreiben zu müssen (Ganopolski et al., 1998). Es zeigt sich, daß die Rückkopplungen des Systems von entscheidender Bedeutung für die Interpretation von Daten sind. Diese Rechnungen nehmen implizit Klimagleichgewichte an und geben keinen Aufschluß über die Klimadynamik. Das projektierten Forschungsvorhaben hat das Ziel, den erfolgreichen Ansatz der reduzierten Modelle aufzunehmen und auf transiente Vorgänge zu übertragen.

    Studien, die im Rahmen der Promotion und anschließenden wissenschaftlichen Arbeiten des Antragstellers durchgeführt wurden (Lohmann et al., 1996 a, b; Prange et al., 1997; Lohmann and Gerdes, 1998; Lohmann, 1998), zeigen, daß die Vernachlässigung einzelner Rückkopplungen zu erheblichen Fehlbeurteilungen der Sensitivität des Klimasystems führen. Die Berücksichtigung einer Vielzahl von Klimakomponenten und ihrer Wirkungsweisen ist deshalb notwendig, um Aufschlüsse über die zugrundeliegenden Prozesse zu liefern. Die Paläoklimatologie bietet dabei die ausgezeichnete Möglichkeit, einen Test der Modelle unter deutlich anderen Bedingungen als heute durchzuführen und ihre Aussagekraft für zukünftige Klimaentwicklungen zu überprüfen. Ein Verständnis abrupter Klimaübergänge und deren Mechanismen ist für die Abschätzung des menschlichen Einflusses auf das Klima entscheidend (Intergovernmental Panel on Climate Change; Houghton et al., 1996).

  • Aufgabenstellung für das beantragte Vorhaben
  • Im Rahmen der Forschungsprojektes wird ein Klimamodell entwickelt, mit dem die geologische und zukünftige Entwicklung des Systems Erde abgebildet werden kann. Dieses Modell, das in den Grundzügen bereits vorliegt, bildet explizit Zirkulationsstrukturen ab und bezieht Klimakomponenten wie Vegetation, Eis usw. mit ein.

    Dieses Modell baut auf dem schnellen atmosphärischen Modell PUMA (Portable University Model of the Atmosphere) auf, das konzeptionell zu den Modellen mittlerer Komplexität gezählt wird. Anhand von Simulationen einzelner Pfade des Klimasystems soll die Wirkungsweise des orbitalen Antriebs und der Rückkopplungen verstanden werden.

      Der Schwerpunkt des Forschungsvorhabens liegt in der Analyse des potentiellen Antriebs und der beteiligten Rückkopplungsmechanismen für glazial-interglaziale Übergänge. Schwellen im Klimasystem sind zu identifizieren (siehe z.B. Rahmstorf, 1995; Prange et al., 1997; Stocker and Schmittner, 1997). Für die Analyse der Klimaänderungen sollen Übergänge zwischen Klimazuständen simuliert werden. Die Wechselwirkung der dominanten Muster der atmosphärischen Variabilität mit dem Ozean, Eis und Landflächen und deren Bedeutung für Klimafluktuationen soll erarbeitet werden. Besonderen Wert soll dabei auf die Wechselwirkungen der Nord- und Südhemisphäre und auf die Telekonnektionen zwischen Atlantik und Pazifik gelegt werden. Es sind Experimente geplant, in denen Teile des Modells auf klimatologische Werte festgehalten werden. Weiterhin können Ensemble-Experimente für Zeitpunkte kurz vor einem Klimaübergang durchgeführt werden. Damit kann die Vorhersagbarkeit der Klimaänderung charakterisiert werden.

      Folgende Fragestellungen werden Experimente untersucht:

      1. Wechselwirkung von Thermohaliner Zirkulation (THC) und dem Hydrologischen Kreislauf: Bestimmt der zwischen den Ozeanbecken transportierte Wasserdampf den Salzgehaltsunterschied zwischen Pazifik und Atlantik und damit den Charakter der ozeanischen Tiefenzirkulation?
      2. Wechselwirkung der THC mit Eis: Wie wirken sich die Süßwasserbilanzen und die Speicherung von Wasser auf den Kontinenten auf die THC aus?
      3. Wechselwirkungen zwischen Vegetation, atmosphärischer und ozeanischer Zirkulation (z.B. Vegetation-Schnee Rückkopplung, Kohlenstoffkreislauf).
      4. Interhemisphärische Synchronisation: Nord- versus südhemisphärischer Antrieb. Telekonnektionen Atlantik-Pazifik: Gibt es einen entfernten Effekt der pazifischen Region auf die atlantische und umgekehrt?
      5. Drückt sich der unterschiedliche Charakter glazialer und interglazialer Zustände auch in ihren Variabilitäten aus? Gibt es Änderungen in den charakteristischen Mustern?
         

         

         

         


      1. Proposal (deutsch)


      2. Proposal (english)